Hans
Jürgen Diez
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Textauszug aus NIKE, 7. Jahrgang, Okt./Nov. 89, von Marie-Theres Suermann, zur Ausstellung Friedman-Guiness Galerie, Ffm., 15. 6. - 16. 8. 1989: "Das Halbverdeckte ist jeder Schönheit förderlich": Dieses Zitat des Gartenliebhabers und -architekten Fürst Pückler-Muskau könnte das Thema der Bilder von Hans Jürgen Diez sein. Halbverdecktes will auf- und entdeckt werden, und fordert den Betrachter zur Aktivität auf. Diese sogenannten Klappbilder sind 3 oder 4-teilige Tafelbilder unterschiedlicher Grösse, die am oberen Bildrand gemeinsam verbunden sind. Sie verdecken sich teilweise, das untere gibt dem oberen Bild seinen Rahmen. Der Betrachter wird eigens aufgefordert, die Bilder zu bewegen und anzufassen. Dies ist eine einerseits oft praktizierte Handlung. Wer sich Graphiken in einer Mappe oder einen Kunstkalender anschaut, der blättert, und ist in Gefahr, sich einem flüchtigen Kunstgenuss hinzugeben: Bild auf Bild wird angeschaut, beinahe konsumiert, visuell nicht festgehalten. Andererseits ist der Betrachter gewohnt, das Berührungsverbot aus Museen und Galerien zu befolgen. Überwindet er nun durch die Aufforderung diese verinnerlichte Schwelle, überkommt ihn ein Moment visueller Macht: Er deckt Bilder auf, bringt sie ans Licht - und klappt sie nach Belieben wieder zu. Dieses Auf- und Zuklappen der Bilder assoziiert die Praxis der mittelalterlichen Flügelaltäre. In geöffnetem Zustand zeigen diese ein Ensemble farbiger figurenreicher Bilder, zugeklappt lässt seine hermetische Geschlossenheit die verborgene Bilderfülle nur erahnen. Im Gegensatz zu den Flügelaltären jedoch können die Bildtafeln der Klappbilder nur einzeln angeschaut und daher nicht unmittelbar visuell miteinander verglichen werden. Hier wird bildnerisches Denken und Erinnerungsvermögen vom Betrachter gefordert. Auch seine langjährigen Erfahrungen und Kenntnisse, in Museen und Ausstellungen gesammelt, sind gefragt: Die aktive Beschäftigung mit den Bildern ist ein Gang durch die Kunstgeschichte der letzten Jahrzehnte. Das Informel der 50er und 60er Jahre wird angesprochen, neo-konstruktivistische und neo-geometrische Tendenzen klingen an, man wird an die Farbräume Graubners oder Gerhard Richters erinnert. Unvermutet taucht ein kleines Portrait, eine kleine Figur auf, ein kostbares Medaillon - Hommage an die Ikone als frühem Tafelbild der Kunstgeschichte... |